Max-Planck-Schule Kiel
Interneteinsatz im Unterricht

Das Vorstellungsgespräch

Rhetorik 1


„Rhetorik heißt, gut und zielgerichtet mit der gesprochenen Sprache umzugehen,
kurz, knapp, knackig, klar und überzeugend zu reden.“

"Rhetorik ist die Kunst durch die Art Worte und Sätze zu wählen zu überzeugen.
Und - Rhetorik ist ein zweischneidiges Schwert: Sie können durch richtige Rhetorik viel erreichen. Durch falsche Rhetorik können Sie noch mehr kaputt machen."

Bedeutung bei gesellschaftlichen Kontakten


Rhetorik ist bei allen gesellschaftlichen Kontakten, sei es im Beruf oder im Privaten, von großer Bedeutung. Sie spiegelt die eigene Persönlichkeit wider und hilft, sich selbst zu vermarkten.
Es ist eindeutig, dass es nicht nur darauf ankommt, was gesagt wird, sondern auch darauf wie etwas dargestellt wird.
Darüberhinaus muss die Sprache den Umständen angepasst werden. Unter Freunden verwendet man einen lockereren Stil als im Beruf oder gar im Vorstellungsgespräch.
Die Rhetorik kann auch zu bestimmten Zwecken, zum Beispiel dem Durchsetzen einer Meinung, dienen. So kann eine Tatsache durch geschickt eingesetzte rhetorische Mittel verändert werden, um den Gesprächspartner von der eigenen Meinung zu überzeugen.
Im Folgenden wird vor allem auf Rhetorik beim Bewerbungsgespräch und im Schulleben eingegangen. Außerdem werden konkrete Handlungstipps mit Beispielen untermalt.

Bedeutung bei Bewerbungsgesprächen

Beim Bewerbungsgespräch ist vor allem zu beachten, dass es darum geht, sich in extrem kurzer Zeit (15-30 Minuten) in ein besonders gutes Licht zu rücken. Dabei können rhetorische Fähigkeiten helfen.
Es kommt beim Bewerbungsgespräch im allgemeinen auf vier entscheidende Punkte an; das Outfit, die Körpersprache, die Benimmregeln und die Rhetorik. Bei der Rhetorik ist das "was" von dem "wie" zu unterscheiden. In den aufgeführten Handlungstipps geht es um die Art und Weise sich zu äußern. (Mit Inhalten und typischen Fragen befasst sich Rhetorik 2)
Rhetorische Fähigkeiten können und sollten als Vorbereitung auf ein Bewerbungsgespräch trainiert werden. Dies ist natürlich nicht von heute auf morgen möglich. Deshalb sollte man sich etwas Zeit nehmen, in der man auch die eigenen Angewohnheiten beobachtet. Nach einer Analyse (Freunde, Angehörige und Bekannte können als Beobachter hilfreich sein)sollten die positiven Redegewohnheiten ausgebaut und die negativen eliminiert werden. Hierfür sind die Handlungstipps als Anhaltspunkte gedacht. Das Thema Rhetorik bedarf also einer gewissen Vorarbeit (auch dahingehend sich Antworten auf Standardfragen zu überlegen; vgl. Rhetorik2).
Im Bewerbungsgespräch selbst sollte man sich weniger auf einzelne Handlungstipps fixieren, da dies die vorhandene Nervosität noch steigert. Dort sollten die, durch die Vorarbeit erworbenen, Fähigkeiten ausgespielt werden. Dies lässt den Bewerber selbstsicher und überzeugend wirken und kann unter Umständen auch kleine inhaltliche Mängel vertuschen. Das zeigt, dass Rhetorik sehr nützlich sein kann. Aber vorsicht, zu viel oder falsch eingesetzte rhetorische Mittel wirken übertrieben oder sogar albern.
Der Anlass Bewerbungsgespräch darf auch nicht außer Acht gelassen werden. Er ist entscheidend für die Sprachebene und für das Verhältnis zwischen den Gesprächspartnern. Ein Bewerber sollte sich darüber im Klaren sein, dass er einer von vielen ist und er derjenige ist, der eine Erwartung erfüllen muss. Deshalb ist das sich Abheben von der Menge gut, sollte aber im positiven verstanden werden. Man kann sich auch sehr leicht durch negatives Auffallen abheben. Das ist dem Anliegen des Bewerbers aber nicht dienlich.
Als Bewerber sollte man also auf eine intensive Vorarbeit setzen, die einen sicher und selbstbewusst werden lässt und einem hilft einen guten und bleibenden Eindruch zu hinterlassen. Außerdem sollte man sich im Klaren über die eigenen Ziele sein.

Handlungstipps

Am wichtigsten für einen guten Rhetoriker ist es, mit sich selbst zufrieden zu sein, sich seine eigenen Fähigkeiten klar zu machen und zu wissen, wie das eigene Handeln auf andere wirkt.
Es gilt bei der Außenwirkung darauf zu achten, dass man gleichzeitig sympathisch bzw. höflich, aber auch kompetent bzw. zielstrebig wirkt.
Voraussetzung für ein gutes Auftreten ist immer auch das eigene Selbstwertgefühl. Dabei ist vor allem darauf zu achten, sich selbst weder zu kritisch noch zu vorteilhaft zu betrachten.

Ein überzeugender Rhetoriker muss gut beobachten können. Nur so kann er beurteilen, wie die anderen auf seine Worte reagieren, und die eigene Sprache darauf einstellen.



Im Folgenden werden nun konkrete Handlungstipps aufgelistet und anhand von Beispielen erläutert. Dabei handelt es sich jeweils um ein negatives (1.), ein diskutierbares (2.) und ein positives (3.) Beispeil.

  • Keine langen, verschachtelten Sätze. Formulieren Sie klare, prägnante Sätze. -> KISS-Formel (keep it short and simple)

    Situation: Ein Kunde fragt bis wann ein Konzept präsentationsreif sein wird. Mögliche Antworten:
    1. Ja, also wissen Sie, das ist so eine Sache. Unter präsentationsreif versteht ja jeder etwas anderes. Ich müsste außerdem einmal schauen, wie es in meinem Terminkalender aussieht. Wenn ich in den nächsten Tagen viel unterwegs bin dann dauert es natürlich ein bisschen länger...
    2. Ich habe noch andere Termine, aber in 2 Wochen bin ich voraussichtlich fertig.
    3. Ich schätze, dass ich in spätstens zwei Wochen so weit bin. Sicherheitshalber schaue ich noch einmal in meinen Kalender, um iÍhnen einen konkreten Termin zu nennen. Ich rufe Sie morgen dazu an.
  • Verwenden Sie positive Wendungen. Nicht meckern

    Situation: Zwei Kollegen in einem Büro. Einer der beiden spricht beim Telefonieren sehr laut. Der andere möchte, dass er dies unterlässt.
    1. Musst du beim Telefonieren immer so laut schreien?!
    2. Dein lautes Telefonieren nervt. Rede bitte leiser!
    3. Redest du beim Telefonieren bitte etwas leiser, dann kann ich mich besser konzentrieren.
  • Keine Konjunktive ("Vielleicht"-Form).

    Situation: Eine Person bereitet eine Sitzung vor und benötigt bestimmte Unterlagen.
    1. Ich wollte Sie bitten, ob es eventuell möglich wäre, wenn Sie mir die Daten für xy zusammentstellen könnten. Ich bräuchte sie eigentlich schon morgen. Ich weiß Sie haben viel zu tun, aber wäre es trotzdem irgendwie möglich?
    2. Ich bräuchte die Unterlagen xy bis morgen. Könnten Sie das einrichten?
    3. Ich bereite die Sitzung x vor und benötige bis morgen die Unterlagen xy. Bitte besorgen Sie mir diese.
  • Ohne Adjektive (=beschreibende Anheftungen), Weichmacher/Füllwörter und Verniedlichungen

    Situation: Eine Person möchte am folgenden Tag sehr pünktlich Schluss machen, da sie einen Termin hat.
    1. Ich wollte morgen eigentlich ganz gerne um 16 Uhr Feierabend machen.
    2. Ich würde gern morgen pünktlich Feierabend machen, da ich einen Termin habe.
    3. Morgen muss ich sehr pünktlich Feierabend machen, das ich einen wichtigen Termin habe.
  • Vermeiden Sie Worte, die das Gegenteil Ihrer Aussage nahelegen.

    Situation: Hier werden als Beispiele lediglich Einleitungssätze angeführt.
    1. Ich glaube nicht, dass das funktioniert...
    2. Ich hätte folgenden Vorschlag...
    3. Mein Vorschlag ist...
  • Entschuldigungen nicht häufen.

    Situation: Ein Anrufer möchte eine Person sprechen, die momentan nicht anwesend ist. Die Person, die das Telefonat entgegennimmt könnte folgendes antworten.
    1. Oh, das tut mir Leid, der ist gerade nicht da. Ich weiß leider auch nicht wann er wieder da ist. Villeicht kann ich weiterhelfen.
    2. Es tut mir leid, aber der ist momentan nicht da. Der Zeitpunkt zu dem er wiederkommt steht noch nicht genau fest. Kann ich Ihnen weiterhelfen?
    3. XY ist momentan nicht da, wird aber spätestens morgen wieder anwesend sein. Wie kann ich Ihnen bis dahin weiterhelfen?
  • Variieren Sie im Vokabular

    Dies bedarf keiner Beispiele
  • Formulieren Sie zuerst das Ergebnis und begründen Sie es anschließend.

    Situation: Eine Arbeit ist noch nicht fertig, da zu viel andere Arbeit zu erledigen war. Als Antwort auf die Frage nach der Arbeit gibt es folgende Varianten.
    1. Es tut mir Leid. Da war so viel zu erledigen. Ich musste anderweitg einspringen, weil Frau xy krank war. Ich bin nicht weit gekommen...
    2. Es tut mir Leid. Es war viel zu erledigen, deshalb habe ich erst die Hälfte geschafft.
    3. Ich bin an der Aufgabe dran. Ich müsste bald fertig sein. Ich komme jetzt erst dazu, weil noch andere Dinge erledigt werden mussten.
  • Indirekte Kommunikation führt zu Missverständnissen

    Situation: Im Restaurant möchte eine Person von der anderen etwas probieren, da deren Essen sehr gut aussieht.
    1. Das sieht aber lecker aus.
    2. Das sieht aber lecker aus. Du möchtest mir doch sicherlich etwas abgeben.
    3. Das sieht ja echt gut aus. Darf ich mal probieren?


Warum Rhetorik für Frauen?


Frauen haben im Allgemeinen eine schlechtere Stellung in Bewerbungsgesprächen und Gesprächssituationen, weshalb gerade ihnen Rhetorik nützen kann .

Dies hat folgende Ursachen:

  1. Der Mag-Mich-Zwang:
    Der Wunsch nach Harmonie und danach von anderen gemocht zu werden ist bei vielen Frauen stark ausgeprägt. Dies zeigt sich in fast allen Bereichen des Lebens, z.B Familie oder Beruf. Daraus resultiert, dass die meisten Frauen nicht "Nein" sagen können.
    Dieses Harmoniebedürfnis macht es aber schwierig, kommunikationsstark, durchsetzungskräftig und erfolgreich zu sein.
    Darüber hinaus werden Frauen oft über die "soft skills" definiert. "Soft skills" beschreiben die emotionale Kompetenz, wohingegen "hard skills" die inhaltliche Kompetenz darstellen. Doch ohne "hard skills" ist kein erfolgreiches Gespräch durchzuführen.


  2. Der genetische Hintergrund
    Zu den Aufgaben der Frauen gehörten seit jeher das Schützen, das Ernähren, das Feuerhüten und die Lebenserhaltung. Damit hatten Frauen ihren Schwerpunkt darin, sich zu sorgen und nicht darin durchsetzungsstark zu sein. Sie zeigten keine Stärke und galten deshalb als das schwache Geschlecht.
    Da dieses "klassische" Bild sich wandelt, entstehen Probleme. Das Weltbild vieler Männer gerät durcheinander. Dennoch sind es auch die Frauen selbst, die dazu beitragen, dass sie in der Arbeitswelt nicht voll akzeptiert werden. Auch in den Köpfen vieler Frauen herrscht dieses (auch genetisch bedingte) Weltbild.
    Durch die Erziehung, die sich vielfach auch an diesen Werten orientiert, werden Mädchen bzw. Frauen in klassische Rollen gedrängt.
    Die Erziehung und die Gene tragen allerdings nur eine Teilschuld am eigenen Auftreten. Deshalb gilt es, an sich selbst zu arbeiten.

Schlussfolgerung: Übertragung auf das Schulleben


Auch in der Schule können rhetorische Fähigkeiten in verschiedenen Bereichen sehr nützlich sein. Dabei ist immer darauf zu achten, dass Rhetorik eine Art der Vermarktung der eigenen Person ist. Dies zeigt sich in den unterschiedlichsten Bereichen in der Schule, zum Beispiel bei Referaten, im persönlichen Gespräch zwischen Schüler und Lehrer oder im Unterrichtsgespräch.
  1. Bei Referaten:

    Bei Referaten ist vor allem die Vorbereitung entscheidend. Da es auch ums freie Sprechen geht, bringt es hierbei nichts, Sätze vollständig auszuformulieren. Eine anwendbare Möglichkeit bietet aber das Üben des Verbalisierens der Stichworte. Dabei kann man sich zum Beispiel auf Karteikarten die wichtigsten Punkte festhalten und diese dann laut ausformulieren. Ein außenstehender Zuhörer kann helfen, auf Fehler aufmerksam zu machen.
    Bei der Vorbereitung sollte man sich an den Handlungstipps orientieren und versuchen, diese möglichst einzuhalten.
    Diese Vorbereitung hilft gegen Nervosität vor einem Referat und lässt den Schüler selbstsicher und vor allem auch sicher im Umgang mit dem jeweiligen Thema wirken. Dadurch kann man mögliche inhaltliche Mängel vertuschen.


  2. Im persönlichen Gespräch:

    In persönlichen Gesprächen zwischen Lehrern und Schülern geht es häufig um Notengebung. Als Schüler sollte man sich vorher überlegen, welches Ziel man mit dem Gespräch verfolgt. Meistens ist dies, die Verbesserung der Note.
    Hierbei sollte man darauf achten, immer höflich und freundlich zu bleiben, denn man möchte schließlich etwas bewirken. Außerdem sollte das Zeil klar und direkt geäußert werden und danach begründet werden.
    Bei dem Gespräch ist immer auch das Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler zu beachten. Da meist der Schüler etwas beim Lehrer erreichen will, sollte er nicht vergessen, dass dieser auf einer anderen Ebene steht.


  3. Im Unterrichtsgespräch:

    Im Unterrichtsgespräch muss darauf geachtet werden, dass man sich selbst von der Klasse bzw. dem Kurs absetzen muss.
    Durch rhetorische Fähigkeiten kann ein Schüler seine Meinung bzw. seine Aussage von den anderen abheben. Dies gilt allerdings hauptsächlich für Diskussionen.
    Im regulären Unterrichtsgespräch fallen häufiger schlicht fachbezogene Fragen an. In diesen Fragen ist vor allem inhaltliches Wissen gefragt. Wenn ein Schüler sich allerdings unsicher ist, ob die überlegte Antwort richtig ist, sollte er das nie äußern. Formulierungen wie "es könnte sein,..." oder "Ich würde sagen..." zeigen die Unsicherheit direkt. Wenn die Antwort richtig ist, merkt keiner etwas von der anfänglichen Unsicherheit. Und wenn sie falsch ist, ist sie auch mit einer vorangegangenen Zweifelsäußerung falsch. Also sollten Schüler immer überzeugend antworten, denn wer schon von vornherein an sich zweifelt, wird kaum wahrgenommen.

Links und Quellen

bewerbung
SCHILF
seminare
Claudia Hovermann, Erfolgsrhetorik für Frauen, GABAL-Verlag

© Lisa Carstensen